
Weder Laufen noch Rad! Mit dem Laufrad durch die Trotzphase. Das Archivbild zeigt die momentane Lebenseinstellung von Emil.
Abends am Esstisch nach einem langen und harten Novembertag, an dem auch wirklich das Meiste schiefgelaufen ist, was schieflaufen konnte.
„Was für ein Leben“, stöhnt der erschöpfte Papa.
„Nein, Papa. Man sagt: Was für ein Abenteuer“, berechtigt ihn Emil.
Das Leben in der Familie – immer ein Abenteuer.

Schnullerkette, die Emil für seine Schwester um einige wichtige Dinge ergänzt hat
Im Leben einer Familie spielen Taschen – vor allem Hosentaschen – eine wichtige Rolle. Die Mama hält da immer mindestens ein Taschentuch parat, um laufende Nasen in Zaum zu halten oder auch Breikleckse von ihrer Kleidung schnell und unauffällig wegzuwischen und weiterhin so tun, als wäre sie überhaupt noch nie mit Brei in Berührung gekommen.

Der Papa hält da seinen Arbeitsschlüsselbund, der für Löcher in den Hosentaschen sorgt, die Aufbewahrung von anderen Gegenständen unmöglich machen.
Unser Sohn… Unser Sohn trägt immer ein ganzes Königreich in seinen Taschen. Locker übertrumpft er jeden noch so gewieften Schmuggler darin, Gegenstände aus der Kita in einem winzigen Hosentäschchen herauszubringen. Umgekehrt werden auch Gegenstände von Zuhause IN die Kita rein geschmuggelt. Es sind nicht immer wichtige Gegenstände, es können auch (in unseren Augen) unbedeutende oder schon kaputte Sachen sein, Hauptsache der Schmuggel läuft. Ein paar Gegenstände gehen mit in die Kita, ein paar Gegenstände kommen aus der Kita zurück – es müssen ja nicht die Gleichen sein.
Die Mama verzichtet auf regelmäßige Kontrollen an der Haustür. Die Sachen werden meist bei der Wäsche entdeckt. Wenn man Glück hat und die Kontrolle nicht vergessen wurde, entdeckt man die Gegenstände, bevor man die Hose in die Waschmaschine reingeworfen hat.
Es ist immer wieder ein Abenteuer, die kleinen Gegenstände ans Tageslicht zu befördern. Die Mama denkt da immer über die Symbolik der Sachen nach und fragt sich, warum ausgerechnet diese Sachen in den Taschen gelandet sind. Steckt da eine Geschichte dahinter? Wenn man ihn danach fragt, kann Emil keine eindeutige Antwort geben. Es sind wichtige Bauteile von einem „Kompalator“ oder Teile von einem Bohrer oder halt wichtige Sachen, die man eben in der Hosentasche haben muss.
Kann man die Gegenstände klar identifizieren, werden sie am nächsten Tag zurück in die Kita gebracht und zurückgegeben. Es ist unbekannt, wie viele Kleinigkeiten, die früher uns gehört haben, in der Kita gelandet sind. Deren Fehlen ist Mama nie aufgefallen.
Hier eine kleine Übersicht über den Inhalt von Emils Hosentaschen nach einem durchschnittlichen Tag.

Linke Hosentasche:
-ein Magnet
-ein Buntstift
-ein Stück Kreide (aus Emils Besitz)
-ein fluoreszierender Pandabär (aus Emils Besitz)
Rechte Hosentasche:
-Teile von einem kaputten Mini-Auto
-ein Teil von einem Steckspiel
-ein Irgendetwas unklarer Herkunft
Auch wenn Emil ein begeisterter Kastanien-, Stein- und Stocksammler ist, landen diese Sachen nie in seinen Taschen. Die werden immer Mama oder Papa geschenkt, sie dürfen sie dann in ihren Taschen tragen. Auch Hela wird damit reichlich beschenkt und darf sie in ihrem Kinderwagen transportieren.
Es ist nur folgerichtig, dass Emil Hosen ohne Taschen boykottiert. Eine Hose muss ihren Transportzweck erfüllen können – insofern gilt bei uns jede Kinderhose als Funktionskleidung. Die Mama passt beim Kauf einer neuen Hose sehr darauf, dass die Hose mindestens 2 Taschen hat. Dass dieses Problem nicht nur unsere Familie betrifft, zeigt die Geschichte einer von Mamas Cousinen. Als Kindergartenkind musste ihr leider im Krankenhaus eine Tempera-Farbtablette aus der Nase gezogen werden. Meine Cousine hat sie sich eigenhändig so tief in die Nase gesteckt, dass sie erst von einem Arzt mit Spezialwerkzeug wieder heraus befördert werden konnte. Als man die Cousine gefragt hat, warum sie sich die Farbe in die Nase gesteckt hatte, antwortete sie kurzerhand:
„Weil mein Rock keine Taschen hat“.
Übrigens hat Mama den Inhalt ihrer Jackentaschen fotografiert, bevor sie diesen Beitrag verfasst hat. Das Ergebnis hat sie nicht überrascht aber etwas nachdenklich gemacht.
Linke Jackentasche:
-eine deutsche und eine polnische Münze
-zwei Haargummis von Hela
-eine Holzperle – Geschenk von Emil
-ein Stein – Geschenk von Emil
-ein Irgendetwas aus Metall, abgefallen von einem Kleidungsstück
-Verpackung, die auf ungesundes Konsumverhalten schließen lässt
-eine bunte Steckklammer, universell einsetzbar
-Schlüsselbund mit originellem und stilvollem Anhänger. Den Anhänger hat Emil für Mama ausgesucht, nachdem er ihren alten Schlüsselanhänger leider kaputt gemacht hat. Der alte Anhänger bestand aus einem wunderschönen, blauen Stein aus Brasilien. Immer, wenn Mama sich den alten Anhänger angeschaut hat, dachte sie: „So blau muss Brasiliens Himmel sein“. Jetzt hat sie den neuen Anhänger. Immer, wenn Mama ihn sieht, denkt sie: „So… haarig muss der Po vom Yeti sein?“

Rechte Jackentasche:
-ein Halstuch von Hela
-drei Haargummis von Hela
-eine Quittung
-Traubenzucker, den wir immer in der Apotheke kriegen
-Müll
-ein kleiner Triceratops
-zwei Teile von Irgendetwas aus Metall, abgefallen von einem weiteren Kleidungsstück
Um das Phänomen von Emils Taschen richtig zu verstehen, hat Mama auch den Inhalt von einem Stoffbeutel abgelichtet, der ihr im Moment die Handtasche ersetzt.

Muss man da noch etwas hinzufügen?
Und was habt ihr so in euren Taschen?

Was fehlt auf diesem Foto? Richtig: die Kinder! Sie sind nämlich beide in ihren Kitas. Die Mama ist zuhause, alleine. Es ist phantastisch! Früher oder später wird jemand diese ganzen Bausteine wegräumen müssen, das werden nicht die Kinder sein. Sie sind ja in der Kita. Aber erst mal macht die Mama nichts. NICHTS. Gar nichts. Vielleicht bis auf Foto machen, den Laptop anschalten, diesen Beitrag schreiben, ein paar E-Mails und Nachrichten beantworten, einen Antrag ausfüllen, das Spielzeug räumt sich nicht von alleine weg…
Gegen Unmut, Zweifel und trübe Gedanken helfen schnell und zuverlässig Ganzkörperwickel aus Wilden Kindern. Wilde Kinder sind in vielen Haushalten vorrätig. Die Anwendung erfordert keine besondere Vorbereitung, es gibt keine Kontraindikationen. Man kann die Anwendung beliebig oft durchführen, allerdings kann es beim exzessiven Gebrauch zu blauen Flecken und leichten Verletzungen kommen.
Sind keine Wilden Kinder im Haushalt vorrätig, kann man es mit einem/einer FreundIn oder netten NachbarIn versuchen. In diesem Fall sind unerwünschte Nebenwirkungen denkbar.
Familie sitzt am Tisch und schaut beim Frühstück aus dem Fenster. Nach vielen wunderschönen, warmen und sonnigen Tagen ist es heute kalt, dunkel und regnerisch. Der heftige Wind bläst die Blätter von den Bäumen. 
„Ist heute Herbst?“, will Emil wissen und kriegt eine bejahende Antwort.
„Wir haben heute so lange geschlafen,“ meint er daraufhin, „so lange, dass es Herbst wurde.“
Die Idee eine Jahreszeit zu verschlafen, erscheint der Mama ziemlich attraktiv: Zum Beispiel die Hauptsaison für Infekte.
Der Beitrag ist am 27.10.2017 entstanden und wurde heute am 09.11.2021 gesichtet und von Mama für sehr aktuell befunden.
Einige Themen, die im Leben der meisten Eltern einen festen und selbstverständlichen Platz haben, bedeuten für die Eltern von besonderen Kindern eine besondere psychische Herausforderung. Ein Beispiel ist Spielplatz. Man findet ihn gut oder schlecht, interessant oder langweilig, man geht mit Kindern dahin oder auch nicht. Hat man ein Kind mit Behinderung, kann ein Besuch auf dem Spielplatz genauso traumatisierend sein, wie die Tatsache, dass man aufgrund der Behinderung nicht dahingeht.

Alle Bilder wurden von Emil gemalt.
Ähnlich ist es mit dem Kindergarten. Kindergarten ist nicht die nette Tante von nebenan. Man wird dort nicht betreut, weil man Max, Lisa oder Ali ist. Es handelt sich um Institutionen, die einem Platz anbieten, weil man ein Geschwisterkind ist, ein Kind von einer berufstätigen Alleinerziehenden oder ein Kind, das in der Nähe wohnt. Im Fall von Kindern mit Behinderung liegt der Fokus auf der Behinderung. Man kriegt einen Platz, WEIL das Kind eine Behinderung hat oder man kriegt eine Absage, weil das Kind eine Behinderung hat. Im besten Fall bekommt man eine Zusage TROTZ der Behinderung. In allen Fällen muss man als Elternteil auf der Kita-Suche dem Thema Behinderung erneut tief in die Augen schauen und sieht da Sachen, die einem Mut („Ihr Kind ist eine Bereicherung für unsere Gruppe und für die Gesellschaft“) oder Angst machen („Das trauen wir uns nicht zu“, „Es gibt tolle Einrichtungen auch für SOLCHE Kinder“, „Wir haben auch Integrationsplätze aber die Kinder sind nicht SO behindert“). Solche Aussagen hinterlassen Spuren – in einem als Mutter/Vater aber auch in der Gesellschaft, in der unsere Kinder leben werden.
Bis vor kurzem war mir das Thema Behinderung größtenteils fremd. Ich kannte keine Menschen mit Behinderung. Das lag nicht daran, dass es sie bislang nicht gab und wenn doch dann nur im Fernsehen. Nur es gab sie nicht in meinem Kindergarten, nicht an meiner Schule, nicht an der Uni und auf den Spielplätzen, die ich als Kind besucht habe, gab es sie ebenfalls nicht. Ich habe nie darüber nachgedacht – man denkt selten über die Themen nach, die in dem eigenen Leben nicht existieren. Jetzt, als Mutter einer behinderten Tochter, will ich dass es meine Tochter gibt – auf den Spielplätzen, im Kindergarten, mitten in der Gesellschaft. Ich will ihr den Zugang zu der Welt erleichtern, deswegen nimmt sie an diversen Therapien teil: Physiotherapie, Heilpädagogik, Osteopathie, Logopädie… Wie auch andere behinderte Kinder arbeitet meine Tochter jeden Tag hart daran, dass sie in unsere Welt, so wie wir sie eingerichtet haben, passt. Nur eins steht fest: keine der Therapien wird sie unbehindert machen.
Die beste Förderung für die Zukunft meiner Tochter, die ich mir vorstellen kann, ist, dass sie mit anderen Kindern aufwachsen kann. Dass die anderen Kinder lernen, sie können mit ihr spielen – so wie sie ist. Vielleicht werden sie sich dann als Jugendliche und als Erwachsene daran erinnern, wenn sie Menschen begegnen, die ganz anders sind als sie selbst. Vielleicht kriegen sie dann vor ihnen keine Angst und werden nicht zwanghaft nach einer Lösung für „das Problem“ suchen, sondern daran denken, dass es im Kindergarten ein Mädchen gab, das ganz anders war als sie und doch die gleichen Sachen mochte. Und sie konnten mit ihr spielen.
Wenn bereits im Kindergarten aussortiert wird, wird das Thema Behinderung weiterhin für viele Menschen einfach nicht existieren. Was wir nicht kennen, macht uns meistens Angst.
Im Grunde genommen, sind wir doch alle anders und haben alle unsere Macken und Eigenheiten. Ist die Angst vor Behinderungen nicht vielleicht die Angst davor selbst aufzufallen, selbst aus der Reihe zu tanzen? Wäre das im Grunde genommen nicht für alle eine Erleichterung zu wissen, dass wir ALLE in unserer Gesellschaft willkommen sind, so wie wir sind?
Für unsere Hela haben wir eine tolle Einrichtung gefunden, in der sie willkommen ist, so wie sie ist. Man schenkt ihr ganz viel Zuwendung und Aufmerksamkeit. Man nimmt ihre individuellen Bedürfnisse wahr. Sie ist dort eine ganz besondere Person – genau wie jedes einzelne Kind in ihrer Gruppe. Sie ist das einzige Integrationskind.
Was Hela über die Krippe schreibt, könnt ihr in dem Artikel Über die Kita nachlesen.