Der Winter kommt und er wird hart sein. Das spüre ich. Ich habe seit Tagen so ein Bauchgefühl… Mein Bauch sagt mir nämlich wiederholt: „Der Winter kommt und er wird hart sein. Bereite dich vor! Bereite dich vor und beuge dem Hungertod vor. Suche Nahrung! Iss! Iss, als sollte kein Frühling mehr kommen! Iss, was du kannst. Was du nicht mehr essen kannst, isst du in einer Viertelstunde. Nu, iss jetzt! Der Winter kommt!“.
Seit die Tage kälter geworden sind, teilt mein Gehirn die Welt in zwei Hälften auf: die essbare Hälfte und die nicht essbare Hälfte. Die essbare Hälfte scheint größer zu sein. Um mich abzulenken, versuche ich Verschiedenes – zum Beispiel zu arbeiten. Ich schreibe. Ich schreibe diesen Text – über das Essen. Pistazien – Nüsse -Tortilla Chips… Ich gucke lieber mal die Nachrichten – da kommt man sofort auf andere Gedanken. Die Corona-Zahlen steigen, Corona-Zahlen sinken, Corona-Zahlen steigen wieder. Achtung, der Winter kommt! Er wird hart sein. Kaufen schon wieder alle Nudeln? Nudeln mit Soße und Käse obendrauf – als Nachtisch Tiramisu… Zuckerfrei wollte ich leben, also kein Tiramisu, keine Nudeln! Basta! Klingt fast, wie Pasta. Ich esse erst mal einen Apfel, dann schauen wir weiter.
Dann mache ich eben eine richtig penible To-Do-Liste für die kommenden Tage, um konzentriert bei der Sache zu bleiben. Die Termine, die anstehen, die Aufgaben nach Dringlichkeit sortiert… Pistazien – Nüsse -Tortilla Chips… Die erste Aufgabe für morgen früh: `Nüsse kaufen!!!´
Ganz im Ernst: was das Essen angeht, scheint meine eiserne Disziplin (hust, hust) seit Neustem Corona-frei zu haben. Meine Disziplin wurde mit Anfang November in Quarantäne verbannt und darf keinen Kontakt mehr zu meinen Gehirnzellen unterhalten. Ein Hungermonster wütet in meinem Inneren und versucht den Lichtmangel – und zwar jeden einzelnen Sonnenstrahl, der an mir vorbeigegangen ist – mit hochkalorischen Lebensmitteln zu kompensieren.
Ein Text meiner Krankenkasse beruhigt mich in dieser Hinsicht. Ich bin nicht verrückt geworden – durch veränderte Lichtverhältnisse ändert sich die Produktion der Hormone Melatonin und Serotonin – nicht nur in meinem, sondern generell in menschlichem Körper zu dieser Jahreszeit. Es wird zu viel von dem „Dunkelheitshormon“ Melatonin produziert – man wird schläfrig und müde. Mein Körper würde scheinbar gerne in den Winterschlaf fallen, nur drei Monate wie ein Braunbär oder fünf Monate wie ein Igel, würde ich es ohne Nahrung nicht schaffen – momentan scheinen auch fünf Minuten absolut unüberbrückbar zu sein.
Aber, was soll’s. Ich kämpfe mich durch: Gehe öfters nach draußen und versuche dort jede Lux-Einheit aufzusaugen, die ich nur kriegen kann. Ich bewege mich viel – in alle Richtungen, fast den ganzen Tag. Ich treffe Freunde (natürlich einzeln – nur ein weiterer Haushalt) und sorge für schöne Stimmung, auch wenn ohne empfohlene Duftkerzen. Und falls nichts der obigen gegen den Dauerhunger helfen sollte, habe ich eine Geheimwaffe entdeckt: eine Unterhose in der Lockdown-konformen Größe S-XL. Ihr versteht: EINE Unterhose, die dank ihrer Stretchigkeit, je nach jeweiligen Laune und Linie entweder Größe S oder aber L hat. Oder XL. In diesem Sinne: der Winter kann kommen!