U6 – Vorsorgeuntersuchung mit Behinderungen

Unsere erste Untersuchung mit einem behinderten Kind

Ein Bild von Emil

Die nächste Vorsorgeuntersuchung: die U6 steht in ein paar Tagen an. Ich mache da eher unfreiwillig mit  – beim Kinderarzt hat man darauf bestanden. Ich vereinbare den Termin am letzten möglichen Tag, auch die von der Krankenkasse festgelegte Toleranzgrenze endet am Tag danach. „Was soll das Gespräch über den Entwicklungsstand von unserer Tochter bringen außer der nächsten emotionalen Krise?“, denke ich mir. Ich kann mich erinnern, welche Fragen ich bei den U-Terminen von unserem Sohn gestellt habe und muss darüber schmunzeln: „Ob er keine krummen Beine kriegt von dem ganzen Herumgehüpfe?“, habe ich mich erkundigt, als er einige Monate alt war und sich immer wieder mit einer kleinen Unterstützung zum Stehen hochgezogen hat und gehüpft hat. „Ob ich die Fingernägel nicht zu kurz schneide?“, wollte ich tatsächlich wissen und „Wann er sich das Daumenlutschen abgewöhnen soll?“.

Diesmal muss ich fragen, ob das komische Zucken beim Einschlafen auf epileptische Anfälle hindeutet oder ob es auch bei uns ein harmloses Zucken gibt. Ist der Kopfumfang im Normbereich oder vielleicht zu klein? Solche Fragen, muss ich diesmal stellen, ohne die Fassung zu verlieren. Und auch Antworten liefern, die doch so schmerzhaft sind.  Zum Beispiel auf die von mir befürchtete Frage: „Was kann sie schon alles?“. Die Aufzählung fällt ziemlich knapp aus – wenn man den normalen Maßstab nimmt. Denn unsere Tochter hat ja viel gelernt in der letzten Zeit. Nur: „Sie liegt jetzt sehr gerne auf dem Bauch, hält viel länger den Blickkontakt und kann schon Bananen essen“ gehört bei einem 14-Monate alten Kind als Antwort zu einem anderen Fragenkatalog.Vorsorgeuntersuchungen mit behindertem Kind

Emil muss leider mit zur Untersuchung: Seine Kita ist zu, weil zu viele Erzieherinnen krank sind. Nur wenige Tage zuvor war er als Patient in der Praxis und musste bei einem Allergie-Test 20 Minuten lang ganz still sitzen. Um sicher zu gehen, dass er wirklich seine Beine nicht bewegt und damit die darauf getröpfelten Allergenstoffe nicht verlaufen, spielte ich ihm vom Handy den Film vor: „Vom kleinen Maulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hat“. In der Geschichte stellt ein kleiner Maulwurf, der gerade aus seinem Haufen herauskriecht, fest, dass ihm jemand auf den Kopf gemacht hat. Auf der Suche nach dem Übeltäter läuft er zu verschiedenen Tieren mit dem Kacka auf dem Kopf und fragt sie, ob sie ihm auf den Kopf gemacht haben. Den Film fand Emil wirklich lustig.

Als wir bei der U6 Vorsorgeuntersuchung von Hela schon seit einer Weile im Behandlungszimmer sind und ich gerade mit dem Arzt die vermeintlichen epileptischen  Anfälle bespreche, wird es ihm eindeutig zu langweilig. Auf der Suche nach Unterhaltung schaltet er sich deshalb in mein Gespräch mit dem Arzt ein:

„Mama, Kacka auf den Kopf!“, flüstert er mir zu. Ich beschließe zunächst die Frage zu überhören.

„Wie sieht das Zucken denn aus?“, fragt der Arzt.

„Hm, wie soll ich es beschreiben“, ich muss kurz nachdenken, wie ich das merkwürdige Verhalten in Worte fassen soll.

„Machen sie es ruhig nach“, meint der Arzt.

Während ich überlege, ob ich jetzt tatsächlich den vermeintlichen epileptischen Anfall vor dem Arzt nachzucke, verliert Emil den Rest seiner nicht mal 3 Jahre alten Geduld und verlangt laut und deutlich, mit einer fest entschlossenen Stimme:

„Mama! ICH. WILL. KACKA AUF DEN KOPF. JETZT!“

Ich werde rot und gerate in Erklärungsnot. Zum Glück kennt der Arzt die Geschichte vom „Kleinen Maulwurf, dem jemand auf den Kopf gemacht hat“. Er bietet Emil mehrere Gummibärchen an und so können wir das Gespräch doch zu Ende führen. Ohne, dass ich zucken muss.

Danke, Emil, mein kluger, kluger Sohn!

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