Auch 2019 hat sich diesbezüglich nichts geändert… Am Mittwoch ist der Kindergarten-Fasching, passend dazu liegt der Sohnemann seit Freitag mit grippigem Fieber im Bett… Helau! Ein Rückblick über 3 Jahre von Faschingsmisserfolgen.
Bevor die Kinder zur Welt gekommen sind, war Karneval eine Option. Ich konnte daran teilnehmen oder auch nicht. Meistens blieb es bei „oder auch nicht“. Seit unser Älterer seine Krippenlaufbahn angetreten ist, gehört Fasching zur Kategorie „Pflichtveranstaltung der besonderen Art“. Jedes Jahr scheitere ich aufs Neue in puncto Faschingsvorbereitung mehr oder weniger spektakulär. Meistens bleibt es bei „mehr“.
Was bei anderen Eltern so ganz mühelos aussieht (lachende Kinder verkleidet als süße Bienchen, kecke Piraten oder perfekt ausgestattete Feuerwehrmänner UND der leckerste und schönste Kuchen aller Zeiten für den Kita-Fasching gebacken) stellt meine Nerven alljährlich auf eine harte Probe. Bin ich die einzige Fasching-Versagerin auf diesem Planeten? Vielleicht findet sich unter den LeserInnen noch jemand, der/dem es ähnlich geht… Um mir und vielleicht auch noch anderen Verzweifelten Trost zu spenden, fasse ich hier die Geschichten der letzten 3 Jahren der Karnevalsmissgeschicke zusammen.
Fasching 2016
Der erste Kita-Fasching, den wir als Eltern erleben durften, fand statt kurz nachdem wir von der Behinderung unserer Tochter erfahren haben. Es war uns nicht nach Karneval zumute. Trotzdem wollte ich nicht, dass unser Sohn als das einzige unverkleidete Kind in der Krippe aufkreuzt. Nach mehreren Tagen diverser Untersuchungen mit unserer Tochter im Krankenhaus und einigen Tagen der Schockstarre zuhause blieb uns leider nicht mehr viel Zeit übrig, um ein tolles Kostüm für den Kindergartenfasching zu organisieren. Alle Kostüme, die in unserer Gegend erhältlich waren, waren zu groß. Oder auch sündhaft teuer. Zu teuer, wie ich fand, um ein zweijähriges Kind für 4 Stunden da rein zu zwängen. Habe ich schon erwähnt, dass uns nicht nach Feiern zumute war?
Es blieb nichts anderes übrig als zu improvisieren. In einem Laden des eher günstigeren Preissegments entschied ich mich für eine Kopfbedeckung, die wie das Cookie-Monster von der Sesam Straße aussah. Dazu wollte ich das Kind farblich passend anziehen und im Gesicht bemalen. Ich habe hautfreundliche Gesichtsfarben besorgt und mir mehrere Anleitungsvideos zum Gesichtsschminken angeschaut. Der Plan war gut. Alles sah relativ simpel aus. Es hätte eigentlich funktionieren müssen.
Was ist nicht bedacht habe, war, dass das Gesicht zu bemalen, Arbeit am lebendigen Künstlermaterial bedeutet. Das Gesicht von einem 2-Jährigen zu bemalen, bedeutet Arbeit an einem besonders schwierigen lebendigen Künstlermaterial. Deswegen sah es bei uns so aus: Kurz nachdem ich die ersten Striche gesetzt habe, schreit Emil: „Mama, kalt. Ich will nicht“. Die Farbe lässt sich nicht wie im Video ganz leicht mit einer Pinsel auftragen. Einfacher wäre es, sie mit einem Buttermesser aufs Gesicht zu schmieren, das schließe ich aber aus. Das Kind nimmt die Verweigerungsstellung ein und will weder weiter geschminkt noch abgeschminkt werden. Ich muss improvisieren.
Die gelben Striche werden mit Fingern verschmiert und ich schaffe es unbemerkt noch einige gelben Tupfer aufs Gesicht aufzutragen. So kriege ich zumindest eine einheitliche Farbe im Gesicht von Emil hin: Gelb. Ich schaffe es gerade so, ihn noch dazu zu überreden, die Augenbarauen blau anzumalen. Danach sieht das Kind nicht wirklich gesünder aus. Es bleibt aber keine Zeit mehr fürs Nachbessern. Der Cookie-Monster wird auf den Kopf gesetzt und das Kind zur Krippe gebracht. Ich hoffe, es werden keine Fotos gemacht. Ich hoffe, das Kind wird es später nie erfahren und falls doch, dass es mir verzeihen kann.
Fasching 2017
Nächstes Jahr bin ich besser vorbereitet. Schon Monate vor dem Fasching besorge ich ein professionelles Ritterkostüm und ein Schwert. Im Sommer haben wir eine Ritterburg besucht und lesen seitdem immer wieder über Ritterburgen und Ritter. Aus Alufolie und einem Gürtel bastle ich die richtige Halterung für das Schwert. Dieses Jahr gehört der Fasching uns! Als ich Emil am Vortag der Faschingsparty schlafen lege, reden wir noch darüber, wie spannend es morgen in der Kita sein wird und wie toll sein Kostüm ist. Kurz bevor er die Augen zu macht, dreht er sich noch mal um:
„Mama, weißt du, ich will lieber kein Ritter sein. Ich will eine Katze sein – wie Shaun das Schaf.“
„Aber Shaun das Schaf ist ein Schaf und keine Katze.“ Emil denkt ein wenig nach…
„Aber ich will eine Katze sein, Ritter liebe ich nicht“, sagt er dann entschlossen, dreht sich um und schläft ein.
Am nächsten Tag packen wir das Kostüm in den Rucksack und machen uns auf den Weg zur Kita. An der Tür begrüßt uns ein freudiges, buntes Volk – ein Tiger, ein Pirat, Pocahontas, Pipi Langstrumpf und ein Feuerwehrmann – mit Helm auf dem Kopf und einem Feuerlöscher in der Hand.
„Mama, ich will kein Ritter sein. Ich will lieber Feuerwehrmann sein!“. Emil bleibt stur. Keins meiner Worte schafft es, ihn dazu bewegen, sein Kostüm anzuziehen. Er steht da, in der Strumpfhose, die ein Teil der Verkleidung war und will Feuerwehrmann sein. Drum herum tobt alles, singt und tanzt. Eine der Erzieherinnen, als Zebra verkleidet, kommt vorbei.
„Kein Problem, wenn du dich nicht verkleiden willst, musst du auch nicht. Komm, wir begleiten die Mama zur Tür und schubsen sie raus.“ Emil weint. Ich weiß, dass es diesmal ernst ist. Ich bin ratlos. Ich habe nun mal kein anderes Kostüm für ihn. Das Zebra schubst mich raus, ehe ich überlegen kann, was ich noch tun kann. Hinter der Tür bleibt ein verheulter Emil, verkleidet in die Strumpfhose. Im Auto muss ich heulen. Ich habe als Kostümdesignerin und als Mutter versagt. Jetzt weiß ich, ich hätte das Kostüm zusammen mit ihm aussuchen sollen. Ich weiß, ich hätte mich nicht raus schubsen sollen. Ich weiß, ich hätte bei ihm bleiben sollen. Der blöde Fasching!
Als ich Emil am Nachmittag abhole, ist der Partyglanz etwas verblasst. Die Prinzessinenkronen hängen verknotet im zerzaustem Haar, der Tiger hat sich ausgezogen und rennt in einer Jogginghose und T-Shirt herum – es muss ja auch tierisch heiß gewesen sein in dem Ganzkörper-Tigeranzug. Scheinbar war das bei einigen anderen Verkleidungen auch ein Problem, denn viele Kostüme oder Kostümteile fehlen jetzt. Einige Kinder laufen in der Strumpfhose herum. Nur der Feuerwehrmann ist immer noch in der vollen Montur, mit dem Helm auf dem Kopf und dem Feuerlöscher in der Hand. Ich frage Emil, wie es war.
„Das war ganz lustig“, sagt er und strahlt mich an. „Es gab Pfannkuchen. Darf ich nächstes Jahr Feuerwehrmann sein?“
Klar mein Kind, alles was du sein möchtest! Wenn es sein muss, werde ich basteln und nähen. Erziehung ist ein Lernprozess. Nächstes Jahr bin ich bereit!
Fasching 2018
Anfang Januar fangen wir an über Fasching zu reden. Glücklicherweise hat man sich in Helas Krippengruppe gegen eine Kostümparty entschieden. So bleibt, wie in den Vorjahren nur die Vorbereitung auf den Fasching in Emils Kita. Wir besprechen mit unserem Sohn, als was er verkleidet sein möchte. Zusammen mit ihm und Papa bestellen wir rechtzeitig sein Wunschkostüm: einen Spiderman. Dann rollt die Grippewelle durch unser Zuhause und Emil ist einige Tage nicht in der Kita. Nach der krankheitsbedingter Pause entdecke ich an der Info-Tafel im Kindergarten eine Liste mit den von Kindern erwünschten Leckereien, die die Eltern für die Party vorbereiten sollten. Die Liste hängt schon offensichtlich seit einigen Tagen, denn es ist nur noch genau eine Position offen: Schokofrüchte. Ich trage mich pflichtbewusst ein und überlege, warum sich wohl die anderen Eltern nicht darauf gestürzt haben, so etwas Simples wie Schokofrüchte vorzubereiten? Ich kaufe Früchte und mehrere Tafeln Schokolade, auch in der veganen Variante. Dieses Jahr gehört der Fasching uns!
Am Nachmittag vor der Faschingsparty fange ich mit dem Obst an… Nach relativ kurzer Zeit wird mir klar, warum sich niemand für die Schokofrüchte eingetragen hat. Alles in der Küche ist bedeckt mit Schokolade – bis auf die Früchte, denn nur darauf will die geschmolzene Masse partout nicht haften bleiben. Ich versuche das Fehlen der Schokolade auf Früchten mit bunten Streuseln zu bedecken.
Am Tag der Party wacht Emil mit Fieber auf und meint: „Mama, ich kann nicht in die Kita. Ich habe Bakterien!“. Er bleibt zu Hause. Ich fahre zur Kita ohne Kind, mit einem Teller der wenigen Schokofrüchte, die man als vorzeigbar einstufen konnte. Ich wette aber, dass sie nicht nur bei Eltern der Wickelkinder ganz bestimmte Konnotationen hervorrufen würden. Ich fahre zur Kita auch, weil heute Punkt um 8:00 das Elterngespräch stattfinden soll. An der Tür begrüßt mich ein freudiges, buntes Volk – ein FBI-Agent, ein Ninja, eine Hexe… Und die Leitern, die mich überrascht ansieht: „Elterngespräch? Den Termin haben wir doch für morgen verabredet!“.