Archiv für den Monat: November 2020

Der Winter kommt – ich habe Hunger!

Morgens: Ab morgen keine Süßigkeiten. Abends: Da waren noch irgendwo diese Schokoladenreste...
Diese und mehr von den tollen Zeichnungen von Kura findet ihr auf Kura zeichnet.  Oder auch hier.

Der Winter kommt und er wird hart sein. Das spüre ich. Ich habe seit Tagen so ein Bauchgefühl… Mein Bauch sagt mir nämlich wiederholt: „Der Winter kommt und er wird hart sein. Bereite dich vor! Bereite dich vor und beuge dem Hungertod vor. Suche Nahrung! Iss! Iss, als sollte kein Frühling mehr kommen! Iss, was du kannst. Was du nicht mehr essen kannst, isst du in einer Viertelstunde. Nu, iss jetzt! Der Winter kommt!“.

Seit die Tage kälter geworden sind, teilt mein Gehirn die Welt in zwei Hälften auf: die essbare Hälfte und die nicht essbare Hälfte. Die essbare Hälfte scheint größer zu sein. Um mich abzulenken, versuche ich Verschiedenes – zum Beispiel zu arbeiten. Ich schreibe. Ich schreibe diesen Text – über das Essen. Pistazien – Nüsse -Tortilla Chips… Ich gucke lieber mal die Nachrichten – da kommt man sofort auf andere Gedanken. Die Corona-Zahlen steigen, Corona-Zahlen sinken, Corona-Zahlen steigen wieder. Achtung, der Winter kommt! Er wird hart sein. Kaufen schon wieder alle Nudeln? Nudeln mit Soße und Käse obendrauf – als Nachtisch Tiramisu… Zuckerfrei wollte ich leben, also kein Tiramisu, keine Nudeln! Basta! Klingt fast, wie Pasta. Ich esse erst mal einen Apfel, dann schauen wir weiter.

Dann mache ich eben eine richtig penible To-Do-Liste für die kommenden Tage, um konzentriert bei der Sache zu bleiben. Die Termine, die anstehen, die Aufgaben nach Dringlichkeit sortiert… Pistazien – Nüsse -Tortilla Chips… Die erste Aufgabe für morgen früh: `Nüsse kaufen!!!´

Wie soll man es bis zum Frühling schaffen? Winterschlaf!
Diese und mehr von den tollen Zeichnungen von Kura findet ihr auf Kura zeichnet.  Oder auch hier.

Ganz im Ernst: was das Essen angeht, scheint meine eiserne Disziplin (hust, hust) seit Neustem Corona-frei zu haben. Meine Disziplin wurde mit Anfang November in Quarantäne verbannt und darf keinen Kontakt mehr zu meinen Gehirnzellen unterhalten. Ein Hungermonster wütet in meinem Inneren und versucht den Lichtmangel – und zwar jeden einzelnen Sonnenstrahl, der an mir vorbeigegangen ist – mit hochkalorischen Lebensmitteln zu kompensieren.

 Ein Text meiner Krankenkasse beruhigt mich in dieser Hinsicht. Ich bin nicht verrückt geworden – durch veränderte Lichtverhältnisse ändert sich die Produktion der Hormone Melatonin und Serotonin  – nicht nur in meinem, sondern generell in menschlichem Körper zu dieser Jahreszeit. Es wird zu viel von dem „Dunkelheitshormon“ Melatonin produziert – man wird schläfrig und müde. Mein Körper würde scheinbar gerne in den Winterschlaf fallen, nur drei Monate wie ein Braunbär oder fünf Monate wie ein Igel, würde ich es ohne Nahrung nicht schaffen – momentan scheinen auch fünf Minuten absolut unüberbrückbar zu sein.

Aber, was soll’s. Ich kämpfe mich durch: Gehe öfters nach draußen und versuche dort jede Lux-Einheit aufzusaugen, die ich nur kriegen kann. Ich bewege mich viel – in alle Richtungen, fast den ganzen Tag. Ich treffe Freunde (natürlich einzeln – nur ein weiterer Haushalt) und sorge für schöne Stimmung, auch wenn ohne empfohlene Duftkerzen. Und falls nichts der obigen gegen den Dauerhunger helfen sollte, habe ich eine Geheimwaffe entdeckt: eine Unterhose in der Lockdown-konformen Größe S-XL. Ihr versteht: EINE Unterhose, die dank ihrer Stretchigkeit, je nach jeweiligen Laune und Linie entweder Größe S oder aber L hat. Oder XL. In diesem Sinne: der Winter kann kommen!

Meine Corona-Best-of-Liste

Homo Coronatus - wie ein Mensch nach der Corona-Pandemie aussieht
Diese und mehr von den tollen Zeichnungen von Kura findet ihr auf Kura zeichnet.  Oder auch hier.

Nicht nur die Farben in der Corona-Ampel wurden dunkler, sondern auch die Tage draußen. Der November-Blues begleitet uns musikalisch durch die zweite Pandemie-Welle. Kommt euch das Ganze auch manchmal wie ein schlechter Witz vor? Eigentlich gibt es wirklich nichts zu lachen – wenn ihr mich fragt, die beste Zeit für eine Satire.

Deswegen heute meine persönlichen 5 Corona-Best-ofs:

1. Hamsterkäufe. Vielleicht das Lustigste an unserem Umgang mit der Pandemie. Nur wenige Menschen stehen dazu. Eigentlich kauft fast niemand fast nichts auf Vorrat. Allerdings fegt das Wörtchen „fast“ ganze Regale leer. Mit jeder Klopapierrolle steigt unser Sicherheitsgefühl, jede zusätzliche Packung Nudeln im Schrank macht uns weniger verwundbar. Die mit den besonders schwachen Nerven haben im März vorsichtshalber ein Vorrat an Mineralwasser angelegt, dass sich in den Sommermonaten als sehr praktisch erwiesen hat und im Dezember gut als Unterlage für den Weihnachtsbaum dienen kann. Hamstern stellt die Lernfähigkeit unserer Gesellschaft in Frage. Wir haben zwar bemerkt, dass die leeren Regale bei der ersten Welle nicht an den Engpässen lagen, sondern am Horten. Niemand musste den Allerwertesten mit dem Laub abputzen. Kaum wird die zweite Welle in den Medien ausgerufen, stehen die Klopapierregale wieder leer.

2. Die Alltagsmaske. Ja, mittlerweile doch die ALLTAGS-Maske. Nach einem langen und konfliktreichen Prozess wurde der Mund-Nasen-Schutz mittlerweile zum Alltagsgegenstand gekürt. Für mich ist die Maske in doppeltem Sinne gesundheitsfördernd. Nicht nur sorgt sie dafür, dass weniger Viren und Bakterien im Umlauf sind. Mich persönlich regt sie auch zu mehr Bewegung an. Stehe ich vor dem Laden, stelle ich fest, dass ich sie zuhause habe liegen lassen und muss den kompletten Weg erneut zurück legen. Habe ich fast schon das 4. Stock erklommen, fällt mir ein, dass die Maske immer noch im Auto liegt. Seit die Maskenpflicht gilt, hat sich meine tägliche Schrittzahl vervielfacht. Ich sehe das als eine gute Vorsorgemaßnahme.

3. Panik. Wir sind alle mündige Bürger: informiert, Verstand getrieben, logisch denkend. Wir wissen, es besteht momentan kein Grund zur Panik. Es sei denn, jemand niest in der Schlange an der Supermarktkasse. DANN NICHT! ES KÖNNTE SICH UM EINEN SUPERSPREADER HANDELN!!! Ein Superspreader ist sozusagen der Superman, nur im Dienste der SARS-Viren. Mit einem bloßen Nieser an der Supermarktkasse kann er oder sie, trotz der Maske, nicht nur alle Menschen im Supermarkt, sondern sogar alle Mitarbeiter der Liefer UND der Produktionskette anstecken! Gegenüber den Niesern und Nieserinnen muss man eine klare Stellung beziehen und sie zumindest mit Blicken aufs Schärfste verurteilen.

4. Auch wenn wissenschaftliche Nachweise dafür ausbleiben, sind Kinder gefühlt alle Superspreader. Sie taumeln sich in ihren Schulen und Kitas, schreien, singen, fassen sich an und tauschen Radiergummis und Stifte. Wie lange kann SO etwas noch gut gehen?! Klar müssen Kinder von der Gesellschaft irgendwie geduldet werden ABER NICHT WENN SIE NIESEN!!!

5. Videokonferenzen. Das mit der Vereinsamung mag für manche stimmen. Bei mir war das eher so, dass ich seit meiner Uni-Zeit nie so viele Menschen getroffen habe, wie im Lockdown. Selbstverständlich online. Sobald man in den eigenen vier Wänden eingeschlossen wurde, wollten sich alle UNBEDINGT wieder treffen. Bekannte, die seit Monaten für ein reales Treffen keine Zeit gefunden haben, weil sie abends auf der Couch einschliefen, haben mich plötzlich angeskypt. Leute, die ich seit 14 Jahren nicht mehr gesehen habe, wollten alle zoomen. Die GESAMMTE Familie, auch die entferntesten Cousinen und Cousins, ja sowieso: („Und bei euch? Wie sind die Infektionszahlen bei euch so?“). Plötzlich war wieder Highlife bei mir im Wohnzimmer! Leider ist mein Versuch fehlgeschlagen, mit den restlichen Familienmitgliedern per Zoom zu kommunizieren – zum Beispiel aus dem Schlafzimmer. „Mama, da klebt was an meinem Fuß. Ich glaube es ist ein Stückchen verschimmelter Banane!“, „Oh, tut mir leid Schatz, die Internetverbindung ist leider instabil! Ich werde grad rausgeworfen! Tschüß!!!“.

In diesem Sinne, lasst uns unser Alltagslächeln nicht verlieren – auch unter der Alltagsmaske wirkt es wahre Wunder!

Mit Wut durch den Familienalltag. Mama jenseits der Kommunikationsbereitschaft.

Diese und mehr von den tollen Zeichnungen von Kura findet ihr auf Kura zeichnet.  Oder auch hier.

Eins kommt zum Anderen – und bereits Nummer Eins ist schon nervig genug. Dann geht es nur noch so weiter. Eigentlich alles Kleinigkeiten – das achtsame Ich weiß das und stimmt immer und immer wieder innerlich das buddhistische Mantra Om…. Die schlaflose Nacht – Om… Kind mit dem linken Fuß aufgestanden – Om…. Der Ehemann stellt die falschen Fragen – Om…. Kind 2 verwüstet einen Raum nach dem anderen – Om… Die Milch wieder angebrannt – Om…. Der Kaffee ist alle… Om… Om… OM. Der transzendente Klang schallt ungerührt durchs Universum…. Verflucht noch mal! O-M!!! War das etwa nicht klar genug?! Welchen Teil von OM hat das Universum jetzt nicht verstanden? Und wie oft muss ich das noch wiederholen, he?!

Dann ist es zu spät. Ich habe den Mount Everest der Gereiztheit nach Luft schnappend erklommen. Ich bin nicht mehr gereizt. Ich bin die verfluchte Göttin Kali in Persona und wünsche mir nur noch das komplette Universum, inklusive dieser verdammten Schwarzen Löcher, mit zornigem Gebrüll auszufüllen! Ja, genau DEN Zustand meine ich. Und kommt mir bloß nicht mit 10 Entspannungstipps für Gestresste, Atemtechniken, Bewegung an der frischen Luft,  sich Zurückziehen und zählen bis einer Trilliarde. Wie hat sich das alles zu den zwei Kids, die mich erwartungsvoll anschauen und sich nach der nächsten Mahlzeit erkundigen?

Yoga soll ich machen, ja? Was denn? Der herabschauende Hund? Auf wen schaut er denn so herab, der verdammte Köter? Sonnengruß, dass ich nicht lache. Hallo, liebe Sonne! Brenn bitte, bitte alles nieder! Ich streue dann Salz hinterher. Heute ist mir nur nach dem abgefuckten Krieger 1 UND 2.  Krieger, oh… Krieger kann ich im Moment echt gut. Willste Krieger?! Willste Krieger?! Na komm, komm… Kommt ihr ALLE und ich zeige euch die komplette Terrakottaarmee…

Tief durchatmen sollte ich. Ja, das sollte ich. Atmen muss man. Die ganze Welt ist gerade voller Sachen, die ich machen muss und die ich machen SOLLTE. Überall nur SOLLSTE, SOLLSTE, SOLLSTE. Aber jetzt ist Schluss. Von wegen durchatmen! Jetzt halte ich aus reinem Trotz eben die Luft an! 3 Minuten Selbstbestimmung! Ok, dann eben nur 1,5 Minuten. Ich laufe rot an und muss keuchen. Wer kommt denn auf solche bescheuerten Ideen mit der Atmung?!

Stress? Abgeschafft!

Die Ursachen für Gereiztheit, sagt der Psychologe, sind unter anderem Stress und Schlafmangel. Ok, alles klar. Dann verbiete ich eben Stress auf der ganzen Erdkugel. Hiermit wird Stress mit sofortiger Wirkung ein für allemal abgeschafft. Und die Kinder werden ab jetzt angehalten bedingungslos durchzuschlafen. Generell und ohne Ausnahmen und in dem dafür vorgesehenen Zeitfenster. Dieses Zeitfenster ist NACHTS! Verstanden, Kinder? Na, also…

Nein, jetzt im Klartext: das Einzige was mir heute helfen würde ist die Abschaffung der Realität! SOFORT! Und der einzige für mich akzeptable Tipp kommt von meinem geliebten Wondrak-Schöpfer und ist quasi die Fortentwicklung der Idee mit Luftanhalten: „Herr Janosch, was macht man gegen die Wut?“, wird er gefragt und antwortet: „Gut ist etwa, wenn man den Kopf in einen Eimer mit kaltem Wasser steckt. So lange, bis man nicht mehr wütend ist“. Also das mache ich jetzt. Das mache ich und sobald ich nicht mehr wütend bin, gehe ich schlafen  – die ganze Wut macht nämlich verdammt müde.

#coronaeltern