Die Ära vom Familienbett ist bei uns zu Ende: in unserem Schlafzimmer herrscht jetzt die große Freiheit! Seit einiger Zeit dient es nämlich nicht mehr als ein weiterer Ort der (nächtlichen) Kinderbetreuung. Wir haben es als Eltern zurückerobert – es gehört wieder uns!
Wenn ich diesen Beitrag zu Ende geschrieben habe, werde ich meinen Laptop herunterfahren und ins Bett gehen. Gehobenen Hauptes. Aufrecht. Vielleicht nicht laut stampfend aber auch ohne vorsichtig zu schleichen. Ich werde das Licht im Schlafzimmer anmachen, ich werde ins Bett auf die bequemste Art und Weise hineinsteigen, ohne Rücksicht auf die Geräusche, die dadurch womöglich verursacht werden. Und wenn die erste im Bett eingenommene Position unbequem ist, werde ich sie einfach wechseln, vielleicht sogar mehrmals. Bis sie passt. Wenn mir danach ist, werde ich mich im Bett hin und her wälzen. Ich werde atmen so laut ich will und wenn mir einfällt, ich habe mein Handy nicht ans Akku angeschlossen, dann stehe ich wieder auf und hole das nach, ohne vorher eine umfassende Chancen-Risiken-Bilanz für diesen Vorgang zu erstellen…
Unsere Tochter schläft jetzt nicht mehr in einem beigestellten Bett in unserem Zimmer, sondern hat nun endlich ihr eigenes Zimmer bezogen und dort ihr eigenes Bett. Lange hat es gedauert, denn unser Plan, beide Kinder in einem Zimmer schlafen zu lassen, scheiterte. In der bisherigen Wohnung gab es nun mal keine zwei separaten Kinderzimmer. Lange hat es gedauert, bis wir das halbwegs passende und sichere Bett ausgesucht haben. Wochenlag war unsere Tochter krank und auch die Angst vor einem epileptischen Anfall, den wir in der Nacht nicht merken würden, war zu groß. Jetzt, nach insgesamt über 5 Jahren, schlafen beide Kinder endlich in ihren eigenen Betten, die nicht direkt neben unserem Bett stehen. Es gibt nachts genau 0 Kinder bei uns im Schlafzimmer… Kann man dieses Gefühl in Worte fassen?
Ich muss gleich darauf hinweisen, dass anders als unser Sohn, den weder das Silvesterfeuerwerk, noch die an seinem Ohr brüllende Baby-Cousine aus dem Schlaf reißen können, leidet unsere Tochter durch das Angelman Syndrom an einer stark ausgeprägten Schlafstörung. Diese hat nicht nur zur Folge, dass Hela phasenweise mehrere Stunden am Stück nachts wach bleibt (Was sie dazu zu sagen hat, könnt ihr hier nachlesen) oder dass sie hin und wieder um 2 Uhr morgens (wenn das schon als morgens gilt) beschließt, die nächtliche Ruhe zu beenden. Das bedeutet, dass sie in einer schlechten Schlafphase durch die leisesten Geräusche geweckt wird. Ein Knacken des Bettes – Kind wach, ein unterdrückter Husten – Kind wach, der Nachbar zwei Häuser weiter niest – Kind wach, Spinnen stampfen zu laut – Kind wach…
In den ganz schlimmen Zeiten habe ich doppelt überlegt, ob ich mich nachts von der linken Seite auf die rechte drehen soll, denn das mit den Geräuschen verbundene Risiko war mir oft zu hoch.
Es machte mehr Sinn in einer unbequemen Position auszuharren, bis man dann irgendwie doch eingeschlafen ist. Und natürlich wollte das Kind hin und wieder Mamas Hand halten – die Hand sollte am besten schon ausgestreckt und griffbereit sein, denn die Suche könnte ebenfalls zum vollständigen Aufwachen führen. Dies wiederum hatte zur Folge, dass meine Schlafstellung schon von vornerein feststand: ich sollte auf der linken Seite liegen (die Seite auf der das Bettchen stand), das Gesicht zum Kind gerichtet aber der Kopf schräg nach oben zeigend, um das Kind beim Atmen bloß nicht anzupusten, Hand Richtung Kind ausgestreckt.
Ausnahmsweise mal auf meiner rechten Seite schlafen zu dürfen, fühlte sich wie Kurzurlaub an. Die gerade beschriebene Schlafstellung sollte am besten durchs Beamen ins Bett erreicht werden, alle anderen Techniken ins Bett zu gelangen waren meistens zu laut – schlafende Kinder weckt man nicht.
Unsere Tochter, die nachts oft nicht / schlecht geschlafen hat, musste relativ früh schlafen gelegt werden – oder besser gesagt, sie ist einfach oft schon beim Abendessen am Tisch eingeschlafen. Das bedeutete, dass wir erst einige Stunden später, nachdem die erste Phase von ihrem relativ festen Schlaf vorbei war, selbst schlafen gingen. Das Prozedere des Einschleichens von mir und meinem Mann ins Schlafzimmer, erinnerte mich immer an die Szene aus Mission Impossible, in der Tom Cruise in einen Hochsicherheitsraum einbrechen soll. Alles in dem Raum ist ausgestattet mit Sensoren – Bewegungsmelder, Temperatursensoren, Geräuschsensoren, ein einzelner Schweißtropfen, der auf den Boden fallen würde, könnte die Mission zum Scheitern bringen… So seilt sich der arme Tom von der Decke ab in einem speziellen Anzug und schwebt über dem Boden mühsam um die Balance kämpfend…. So ungefähr sah es bei uns jeden Abend im Schlafzimmer aus, nur dass der Raum nicht durch das weiße Licht durchflutet, sondern stockdunkel war. Und das Equipment zum Abseilen fehlte uns.
Jetzt könnt ihr vielleicht das neue Gefühl der Freiheit besser nachvollziehen und nachempfinden, wie es ist auf einmal im eigenen Bett laut atmen zu dürfen und genau so zu schlafen, wie man will – auf der rechten oder auf der linken Seite. Oder vielleicht doch auf dem Bauch. Auf dem Rücken. Doch auf dem Bauch. Der linke Fuß zwickt. Habe ich das Handy ans Ladekabel angeschlossen? Was macht die Tochter? Bestimmt vermisst sie mich, im Schlaf. Schläft sie wirklich oder sieht es auf der Babyphone-Kamera nur so aus. Ich gehe mal besser gucken…